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Zur Kenntnis genommen
Pressemitteilung | 23.02.2018

DENIC-Internetkonferenz Domain pulse 2018 im Zeichen von digitalem Wandel zwischen Freiheit und Sicherheit

Kann Digitalisierung gelingen, die das technisch Machbare zum einzigen Maßstab erhebt? Welchen Beitrag kann die Digitalwirtschaft leisten, um die Risiken zu minimieren, die mit dem nächsten Schritt in der Weiterentwicklung des Internet – dem Internet der Dinge – einhergehen werden? Bringt ein Mehr an staatlicher Überwachung im Netz tatsächlich einen Zuwachs an Sicherheit, wie die Politik verspricht?

Thesen, Prognosen und Antworten auf diese und andere brandaktuelle Fragen lieferte die Internetkonferenz Domain pulse, deren 15. Auflage unter dem Motto „Next-Level Evolution: Homo Digitalis“ am 22. und 23. Februar 2018 in München stattfand. Rund 450 Besucher folgten den Vorträgen und Podiumsdiskussionen internationaler Experten bei dem etablierten Branchentreffen, das sich zur alljährlich bedeutendsten Veranstaltung für Themen, Tendenzen und Trends rund um Internetdomains im deutschsprachigen Raum entwickelt hat. Gemeinsam mit den Registrierungsstellen der Länderdomains von Österreich (nic.at) sowie der Schweiz und Liechtenstein (SWITCH) führt die diesmalige Ausrichterin DENIC eG, die den deutschen Namensraum .de im Internet betreibt, die zweitägige Expertentagung Domain pulse im jährlichen Wechsel durch.

Digitalisierung und Gesellschaft: Keine Aussicht auf Erfolg ohne den Faktor Mensch

In seiner Keynote "Digitale Erleuchtung – erleuchtete Digitalisierung: Von der Naivität zur Humanität in der digitalen Welt" räumte der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx, Gründer des renommierten Zukunftsinstituts, mit den weitverbreiteten digitalen Träumen um Algorithmen und Künstliche Intelligenzen auf. Wahrhaft ernst zu nehmen und zukunftsfähig seien nur solche Wertschöpfungsmodelle, die sich daran ausrichteten, dass Digitalisierung, um Zukunft im humanen Kontext zu begreifen und zu formen, in eine Zivilisierungsphase eintreten oder scheitern müsse. Seine These: "Bislang war das Internet eine Art Wilder Westen. Jetzt erst entsteht daraus eine planetare Zivilisation - und wir alle sind die Pioniere!".

Risiken des Internet der Dinge eindämmen? Mit dem Domain Name System!

Welche Gefahren für die globale Gesellschaft speziell von den so genannten disruptiven Technologien des Internet der Dinge (IoT) ausgehen und welche Möglichkeiten die Domainindustrie als Betreiberin der Basisinfrastrukturen des Internet bereitstellen kann, um diese Risiken zu begrenzen, diskutierte der unabhängige Politikberater Maarten Botterman, der seit 15 Jahren für die Europäische Kommission IoT-Fragen erforscht und die IoT-Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen im Rahmen des Internet Governance Forums (UN-IGF) leitet, mit dem Publikum. Ziel der Domainindustrie müsse es sein, in einer Welt, in der künftig jedes Jahr Milliarden neuer IoT-Geräte mit dem Internet verbunden würden – Prognosen gehen von 20 Milliarden Geräten bis zum Jahr 2020 aus –, diese Geräte auf eine sichere und intelligente Art und Weise miteinander zu verknüpfen und Lösungen, die zur Steigerung der Verlässlichkeit des Internet beitrügen, als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber auch als eigene Wachstumschance zu begreifen.

Smart Driving: IoT im ethischen Praxistest

Bei dem Round Table „Mobilität 4.0 auf dem Prüfstand: Technik und Ethik des vernetzten Fahrens“ beleuchteten zwei Experten die Chancen und technologischen Vorzüge des Internet der Dinge für eine vernetzte Mobilität der Zukunft, aber auch die daran geknüpften ethischen Herausforderungen: Gemeinsam mit Dr. Dirk Wisselmann, Referent Automatisiertes Fahren der BMW Group, ordnete Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Mitglied der Ethikkommission zum Automatisierten und Vernetzten Fahren des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und Leiter der Forschungsstelle RobotRecht an der Universität Würzburg, die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine hinsichtlich der gesellschaftlich bedeutsamen Reichweite von Verantwortung ein. Die notwendigen Vorkehrungen für Kontrollierbarkeit, Transparenz und Datenautonomie sieht Hilgendorf hierzulande inzwischen gegeben: „Die erfolgreiche Reform des Straßenverkehrsgesetzes im Sommer 2017 und die Arbeit der Ethikkommission haben einen belastbaren rechtlichen Rahmen für das automatisierte Fahren in Deutschland geschaffen, der auch in anderen Ländern als vorbildlich empfunden wird.“

Mehr Überwachung – mehr Sicherheit?

In einem Streitgespräch zum Thema „Freiheit versus Sicherheit im digitalen Raum – Dilemma ohne Ausweg?“ trafen mit dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit a. D., Peter Schaar, und Wilfried Karl, Präsident der 2017 neu geschaffenen Bundesoberbehörde ZITiS – Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich –, die die deutschen Sicherheitsbehörden in digitaler Forensik, Telekommunikationsüberwachung, Krypto- und Big Data-Analyse unterstützt, zwei prominente Repräsentanten der Gegenpole Freiheit und Sicherheit aufeinander. Zuvor veranschaulichte Peter Schaar auf Basis der Thesen seines jüngsten Buches ("Trügerische Sicherheit. Wie die Terrorangst uns in den Ausnahmezustand treibt"), wie Demokratie und Rechtsstaat durch die fortlaufende staatliche Aufrüstung zur Terrorismusbekämpfung untergraben werden, ohne dass die ergriffenen Maßnahmen Gefahrenprävention und -abwehr faktisch verbessern. Der Aussage Karls: „Moderne digitale Technologien werden leider auch für kriminelle Zwecke missbraucht. Die Sicherheitsbehörden dürfen deshalb nicht von der technischen Entwicklung abgekoppelt werden. Sonst können sie ihren Schutzauftrag nur erschwert und in Zukunft vielleicht sogar gar nicht mehr erfüllen. Das kann nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sein" hielt Schaar entgegen: „Die Behauptung, Überwachung führe zu mehr Sicherheit, ist eine dreiste Lüge. Bisweilen ist sogar das Gegenteil richtig: Backdoors in der IT und der Aufkauf von Zero Days gefährden die IT-Sicherheit und zerstören das Vertrauen in die Informationstechnik.“

id4me: Universelles Single-Sign-On auf die offene, freie und sichere Art

Single-Sign-On(SSO)-Lösungen eröffnen über ein festes Credential-Paar Username/Passwort den Zugang zu allen Online-Konten eines Nutzers. Existierende Lösungen sind für viele Anwendungen aber oft zu komplex oder bieten den Nutzern, wie im Falle der Social Media-SSO-Lösungen von Google oder Facebook, keine nachhaltige Datenautonomie. In diese Lücke will die in einem Kooperationsverbund aus DENIC, 1 & 1 und Open-Xchange entwickelte neue SSO-Lösung id4me stoßen, die im Laufe des Jahres an den Start gehen soll: Mit Domainnamen als Identifier baut der offene, freie und sichere Ansatz zur nutzerindividuellen Authentisierung für Internet-Services auf vorhandenen Protokollen und Standards (OpenID Connect, DNS(SEC), DANE, ACME) auf und wird es dem Nutzer durch deren intelligente Verknüpfung erlauben, sich mit einem einzigen Passwort bei einer Vielzahl von Diensten anzumelden und festzulegen, mit wem er wie lange welche Daten teilt. Neben der Vorstellung der beteiligten Rollen der verteilten Lösung (User, Identity Authority = DENIC, Identity Agent = Registrar und Relying Party = Shop) präsentierte DENIC-Chefentwickler Marcos Sanz Grossón den Ablauf der einzelnen Authentifizierungs-, Datenbereitstellungs- und LogIn-Schritte in einer Live-Demonstration am id4me-Infostand.

Herausforderung Compliance: Weichenstellungen für die Datenschutzgrundverordnung

Die folgende Podiumsdiskussion beschäftigte sich mit den Auswirkungen des Digitalfahrplans 2020 der EU: Die Informationssicherheits- und Datenschutzbeauftragten DENICs sowie die Vertreter zweier international tätiger Registrare berichteten von den Herausforderungen, die sich Akteuren der Domainindustrie im Zusammenhang mit der Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit (NIS), der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der ePrivacy-Verordnung stellen und gaben Erfahrungen bei der Umsetzung und wertvolle Hinweise an die Kongressbesucher weiter, die für eigene Compliance-Zwecke hilfreich sein können.

Notice & Take Down: Wie umgehen mit rechtswidrigen oder fragwürdigen Inhalten im Netz?

Dass in verschiedenen europäischen Ländern durchaus unterschiedliche Auffassungen darüber herrschen, inwieweit Domainregistrierungsstellen – statt ausschließlich der Gerichte und Ordnungsbehörden – gegen rechtswidrige Inhalte im Internet vorgehen sollten, zeigte sich in einer kontroversen Debatte der Chefjuristen der Betreiber von sechs nationalen und regionalen Top Level Domains. Für DENICs Syndikus Peter Horst ist die Position der deutschen Registry ganz klar: „Wenn es um Inhalte geht, ist man bei DENIC an der falschen Adresse. Würde DENIC Inhalte bewerten und nach eigenem Ermessen Domains löschen, über die Webseiten mit fragwürdigen Inhalten aufgerufen werden können, käme dies einer Zensur gleich. In einer auf Gewaltenteilung basierenden Demokratie kann aber niemand ernsthaft eine privatwirtschaftliche Rechtsdurchsetzung wollen. Diese Philosophie DENICs spiegelt im Übrigen auch die einhellige Auffassung der deutschen Gerichte wider.“

Domain pulse im Internet

Das Gesamtprogramm der Expertentagung mit sämtlichen Akteuren findet sich auf der Veranstaltungs-Website. Im Laufe der kommenden Woche werden Interessierten dort die Präsentationen und Videomitschnitte des Kongresses als Retrospektive zur Verfügung stehen.

Der nächste Domain pulse, organisiert von SWITCH, wird am 18. und 19. Februar 2019 in der Schweizer Hauptstadt Bern stattfinden.